Vorstellungsgespräche-Tipps für Arbeitgeber - das unterschätzte Instrument zur Mitarbeiterbindung
Personalentwicklung

Vorstellungsgespräche-Tipps für Arbeitgeber – das unterschätzte Instrument zur Mitarbeiterbindung

Vor drei Monaten war ich in Sachen Konzeptentwicklung für das Thema „Optimierung der Personalstrategie“ zu einem in NRW ansässigen DAX Konzernes geladen. Im Kern stand die Frage, wie wir aus Arbeitgebersicht heutzutage Vorstellungsgespräche als Instrument zur Mitarbeiterbindung nutzen können. Hier sind aktuelle Vorstellungsgespräche-Tipps für Arbeitgeber.

Die verantwortliche HR-Managerin Frau Ute C. und ihr vierköpfiges Führungsteam wollten die aktuellen Vorgehensweisen ihrer bisherigen Personalentwicklung, wie auch die Teamzusammensetzung überprüfen, um das Unternehmen für die zukünftigen Herausforderungen optimal vorzubereiten.

Vorstellungsgespräche-Tipps für Arbeitgeber – das unterschätzte Instrument zur Mitarbeiterbindung

Hierzu hatte Ute C. selbstverständlich schon ihre eigenen Ideen entwickelt. Sie wollte diese Möglichkeiten nun mit meiner externen Hilfe kritisch diskutieren, um daraus gemeinsam ein wirksames Konzept zu entwickeln.

Das zentrale Wunschthema des Nachmittags war:

„Praxisnahe und gleichzeitig individuelle Vorstellungsgespräche“ oder „Vorstellungsgespräche als Instrument zur Mitarbeiterbindung“

Ute C. wollte das Onboarding zukünftig unverwechselbar gestalten, um sich hierdurch klar von den hartnäckigsten Mitbewerbern abzuheben. Sie präsentierte dazu eine Übersicht, wie viel Personalfluktuation in den vergangenen fünf Jahren stattgefunden hat und welche Unsummen an Euro dadurch verschwendet wurden.

Sie beendete die Präsentation mit den Worten:

„Meine Damen und Herren, damit Sie wissen wie wichtig mir die Entwicklung eines passenden Konzeptes ist, möchte ich Ihnen mitteilen, dass ich genau zwei Ziele habe. Das eine ist, diese hohen Geldsummen nicht weiter tatenlos zu verschwenden. Das andere ist, exakt mit dieser €-Summe das Personal-Budget zu erhöhen, um alles Notwendige ins Rollen zu bringen, damit sich unsere Mitarbeiter*innen in unserem gemeinsamen Unternehmen zukünftig so wohl fühlen, dass es mit dem Teufel zugehen müsste, dieses Unternehmen freiwillig zu verlassen.“    

Die Highlights der Konzeptentwicklung fasse ich hier in Kurzform gern zusammen und möchte damit gleichzeitig zum Nachahmen anregen. Vorstellungsgespräche sind eine große Herausforderung, weil sie eine wesentliche Grundlage für wichtige Zukunftsentscheidungen bilden, mit der viel Zeit und Geld gespart werden kann.

Was will man eigentlich mit Vorstellungsgesprächen erreichen?

  • Vorstellungsgespräche sollen Klarheit und spontane Antworten für den ersten Eindruck bringen
  • Vorstellungsgespräche sollen zeigen, ob die Person zur offenen Stelle passt – zu uns und umgekehrt
  • Vorstellungsgespräche zeigen, welche Einstellung, Vorgehensweise und Erfahrungen die Person mitbringt

Jetzt stellen sich für zeitgemäßes Personalmanagement die Fragen: Sind die praktizierten Vorstellungsgespräche schon an die neuen Herausforderungen angepasst, oder werden sie nach dem alten, bewährten Schema durchgeführt Wie verlief das bewährte Schema in der Vergangenheit häufig ab?

Hier ein paar typische Fragen, die bisher in Vorstellungsgesprächen gestellt wurden:

  • „Was hat Sie dazu bewogen, sich auf diese Stelle zu bewerben?
  • „Was für positive Eigenschaften bringen sie mit?“
  • „Wir würden Ihre Mitmenschen Sie beschreiben?“
  • „Welche negative Punkte würden wohl Kolleg*innen äußern?“
  • „Was macht das mit Ihnen und wie gehen Sie damit um?“
  • „… etc.“
 Vorstellungsgespräche als Instrument der Mitarbeiterbindung einsetzen

Der erste Schritt im Onboarding: Wie Sie Vorstellungsgespräche als Instrument der Mitarbeiterbindung einsetzen

Anmerkung: Nicht falsch, aber wenig kreativ?

Grundsätzlich sind solche Fragen nicht falsch. Es könnte aber der Eindruck entstehen, dass manche Fragen standardisiert wirken. Tatsache ist, dass heutzutage viele Bewerber*innen gut vorbereitet in Vorstellungsgespräche gehen. Auf der einen Seite kann vielfältig Erfahrung vorhanden sein, auf der anderen Seite gibt auch das Internet unzählige Antworten.

Gerade in Sachen Erfahrung bei Vorstellungsgesprächen und deren häufigsten Situationen, hat das Web zahlreiche Beispiele parat. Zu den häufigsten Suchkombinationen gibt es teilweise über eine Million Suchergebnisse. Wo bleibt da die gewünschte Spontanität? Kennenlernen ist doch grundsätzlich dann besonders interessant, wenn Individualität im Vordergrund steht und nicht Standards. Die gilt übrigens für beide Seiten im Gespräch.

Viele HR-verantwortliche Personen sind deswegen aktuell sehr interessiert, die „richtigen Fragen & Vorgehensweisen“ in Vorstellungsgesprächen zu nutzen.

Tipps: Vorstellungsgespräche als Instrument der Mitarbeiterbindung nutzen

Um in der zur Verfügung stehenden Zeit einen möglichst umfassenden ersten Eindruck zu erhalten, bietet sich ein Kombinationsmix an.

  • kurzer Einstieg mit individuellen Fragen als Interview
  • intensiver Hauptteil mit speziellen Situationen aus der Praxis
    • Ausgangssituationen und Ziele werden kurz vorgestellt
    • Aufgaben enthalten leichte und herausfordernde Varianten
    • Bewerber*innen erhalten Zeit zum Vorbereiten, mit dem Hinweis, dass es nicht um Perfektion geht, sondern um das WIE und die persönliche Art und Weise des Vorgehens
    • Situationen werden dargestellt, nicht nur vorgestellt
    • das WIE wird gemeinsam besprochen, nicht beurteilt

Beispiele für Herausforderungen im Vorstellungsgespräch

Für Bewerber*innen auf Mitarbeiterebene:

„Wie würden Sie mit der Situation X umgehen und sich verhalten?“

  • Variante „leicht“ – Zusatzprodukte für begeisterte Kunden
  • Variante „herausfordernd“ – Reklamation mit schwierigen Kunden

Für Bewerber*innen auf Führungsebene:

„Wie würden Sie mit der Situation X umgehen und sich verhalten?“

  • Variante „leicht“ – Jubiläumsfeier ankündigen & organisieren
  • Variante „herausfordernd“ – Weihnachtsgeld wird nicht ausgezahlt

Es ist bei der Umsetzung wirklich zu beachten:

… nicht WAS ist perfekt, sondern vielmehr WIE und mit welcher Art und Weise werden die Situationen dargestellt.

Nach dem gemeinsamen Besprechen, kann ggf. auch die unternehmensinterne Vorgehensweise dargestellt werden, um den Bewerber*innen mögliche individuelle Werkzeuge vorzustellen.

Das Knowhow wird dann später, bei internen Weiterbildungen erlernt. Solche Informationen wecken bei vielen Bewerber*innen Interesse und signalisiert Vorteile & Mehrwert bei der Entscheidung für dieses Unternehmen!

Fazit: Darum lohnt die kritische Überprüfung der eigenen Vorstellungsgespräche

Verantwortliche

  • wollen Personen im eigenen Team, die länger bleiben, zufrieden sind und begeistert die anfallenden Aufgaben erfüllen.

Bewerber*innen

  • wollen einen sicheren Arbeitsplatz mit individuellen Möglichkeiten und dem guten Gefühl, als Mensch verstanden zu werden und wichtig zu sein.

Christoph Dücker im Januar 2021

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